Martin Fischer
Softwareentwicklung

Klonblog on Tour: BMW F 900 R und XR 2020 im Test

Die zweieiigen Zwillinge

BMW F 900 R, Martin Fischer, Alemria
BMW F 900 R, Martin Fischer, Alemria
von Dipl.-Inform. Martin Fischer am 02.02.2020

Während in Berlin die Nächte noch lang sind und das Wetter mies, bringt BMW zwei neue Motorräder auf den Markt. Um diese angemessen zu testen, machte ich mich auf den Weg nach Andalusien. Hier sind nicht nur wunderschöne Straßen, sondern auch im Januar schon 20 Grad und Sonne. Die F 900 R ist der Nachfolger der F 800 R, die seit 2015 auf dem Markt ist. Die F 900 XR ist ein ganz neues Modell und basiert auf der S 1000 XR. Die beiden neuen Modelle der F-Reihe teilen sich die technische Basis, Motor und Rahmen, könnten aber sonst unterschiedlicher nicht sein.

Der 2-Zylinder-Reihen-Motor der beiden Modelle mit 900 ccm leistet 105 PS und gibt bis zu 92 NM an das Hinterrad weiter. Für ein Mittelklasse- bzw. Einsteiger-Motorrad ist das schon eine ganze Menge. Aber vor der Leistung braucht man keine Angst zu haben. Wie bei allen neuen BMW-Modellen üblich, verfügen auch die beiden F-Modelle über alle möglichen elektronischen Helferlein wie das obligatorische ABS, Traktionskontrolle und ein elektronisch gesteuertes, semiaktives Fahrwerk. Ganz neu in einem Motorrad sind die Voll-LED-Scheinwerfer mit aktivem Kurven-Licht.

Die F 900 XR ist quasi die GS für die Straße. Eine hochbeinige Reisemaschine mit viel Platz für Gepäck, einer komfortablen Sitzposition und Straßenreifen. Beim Design der XR wurde besonderen Wert auf eine gute Aerodynamik gelegt, damit die Anfahrt in den Urlaub keine unnötigen Qualen verursacht. Hinter der verstellbaren Scheibe und der breiten Verkleidung kann man entspannt einige 100 Kilometer über die Autobahn fahren, und das mit einer Geschwindigkeit von bis zu 210 km/h.

So schnell waren wir in Andalusien nicht unterwegs. Nach 20 Kilometern spanischer Autobahn mit maximal 120 km/h ging es weiter in die Berge. Auf den engen Bergstraßen merkte man sofort, dass die Gene der XR von einem Sportler abstammen. Fahrwerk und Bremsen arbeiten präzise und geben dem Fahrer nicht das Gefühl, auf einer Enduro zu sitzen, auch wenn die Optik des Bikes daran erinnern mag. Durch die etwa fünf Zentimeter mehr Federweg wirkt die XR deutlich größer als das Schwester-Modell, obwohl sie es eigentlich gar nicht ist. Um das Moped auf jeden Fahrer optimal anzupassen, kann man vier verschiedene Sitzbänke bestellen, was eine Sitzhöhe zwischen 775 mm und 870 mm ermöglicht (bei der R sind es 5 mm weniger). Außerdem ist der Lenker verstellbar.

In den engen Spitzkeren der andalusischen Bergstraßen konnte der Reihen-Twin mit viel Drehmoment von ganz unten seine Stärke ausspielen. Ich konnte locker die ganze Zeit im dritten Gang fahren, ohne dass der Motor ins Stocken geriet. Schalten musste ich fast nie, auch wenn das mit dem Schaltautomat-Pro ohne zu Kuppeln funktioniert.

Nachdem ich mich an die hohe und aufrechte Sitzposition der XR gewöhnt und meinen Fahrstil adaptiert hatte, kam jetzt das genaue Gegenteil. Die F 900 R ist deutlich mehr auf Krawall gebürstet. Der Lenker ist weiter vorn und tiefer als bei der XR. Die breiten Backen sehen aus wie ausgestellte Ellenbogen. Der Fahrer kommt dadurch näher ans Vorderrad und damit an die Straße. Insgesamt erinnert mich das Design an die K 1250 R, die wir im Sommer 2019 testen durften. Die Teststrecke war die gleiche wie zuvor, also erst mal 20 Kilometer über die Autobahn. Ohne Scheibe und Kanzel bekommt man die volle Packung Gegenwind. Mehr als 150 km/h mussten es für mich nicht sein, auch wenn die maximale Höchstgeschwindigkeit auch bei dieser Maschine bei 210 km/h liegt. Die Strecke durch die Berge kannte ich schon. Damit es nicht langweilig wird, fuhren wir die Runde nun in anderer Richtung. Ich wusste also etwa, was auf mich zukommt, und ging die Sache etwas flotter an. Die Schräglagen-Anzeige des 6-Zoll-TFT-Displays bestätige mein gutes Gefühl. Statt 44 Grad bei der XR schlug das Pendel nun bis auf 48 Grad aus. Für eine zum Teil feuchte Landstraße definitiv genug.

Heutzutage muss man abends in der Kneipe nichts mehr vom Pferd erzählen. Die neuen BMW-Modelle speichern alle Telemetriedaten wie Schräglage, Beschleunigung sowie Höhen-Meter und übermitteln diese an die BMW Connected App auf dem Handy. Die Daten können zusammen mit der Wegstrecke und den dort aufgenommen Fotos gespeichert werden. Hat man die App installiert und die Karten heruntergeladen, kann man über die App auch navigieren. Auf dem Motorraddisplay werden dann Navigation-Pfeile und sogar die zulässige Höchstgeschwindigkeit angezeigt. Das ist schon fast wie im Auto! Und auch das adaptive Abbiege-/Kurvenlicht kennt man bisher nur aus der Vierradabteilung von BMW. Neigt sich das Motorrad mehr als fünf Grad zur Seite, schaltet sich ein extra LED-Strahler dazu und leuchtet in die Kurve. Zusammen mit dem Tagfahrlicht (DRL) muss man sich um nichts kümmern und hat immer optimale Sicht beziehungsweise wird optimal gesehen. Und das nicht nur von vorn, sondern auch von hinten. Zieht man vehement am rechten Hebel, signalisiert das „dynmanic braking light“ dem nachfolgenden Verkehr, dass die F 900 gerade ihren Brembo-Anker geworfen hat. Mit dem optionalen ABS Pro kann man das auch in Schräglage probieren. Bei meiner Testfahrt kam diese Funktion zwar nicht zum Tragen, dafür aber die Engine Drag Control. Ein weiteres neues Feature, mit dem man das Motorschleppmoment steuern kann. Beim zu forschen Runterschalten vor einer Spitzkehre muss man also keine Angst haben, dass das Hinterrad blockiert und sich querstellt.

Ganz schön viel Technik in so einem kleinen Motorrad! Man merkt, dass wir schon wieder ein Jahr weiter sind. Im Vergleich zur R 1250 R/RS, die wir im Sommer 2019 getestet haben, bieten die beiden neuen Modell schon wieder eine ganze Latte neuer Features. Die Leistungsschraube wurde wieder ein deutliches Stück weitergedreht. 20 Prozent mehr Leistung in einer Generation, wo soll das noch hinführen? Ich bin gespannt, was das Motorradjahr 2020 noch bringt.

Kaufen kann man die beiden neuen F-Modelle ab Februar 2020. Die R beginnt bei 8.800 Euro, und die XR bei 11.400 Euro. Dazu gibt es eine Menge Optionen, mit denen man den Preis noch in die Höhe schrauben kann.

Vielen Dank an BMW Motorrad für diesen schönen Ausflug nach Spanien!