Martin Fischer
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Die BMW S1000RR 2019

Martin fischer auf der bmw s1000rr 2019 in Estoril Portugal
Martin fischer auf der bmw s1000rr 2019 in Estoril Portugal
von Dipl.-Inform. Martin Fischer am 28.03.2019

Seit der Vorstellung der neuen BMW S 1000 RR auf der Motorradmesse EICMA 2018 in Mailand wartete ich gespannt auf die Einladung von BMW zur Testfahrt. Am 13. März ging es dann in die Sonne Portugals. Der ehemalige Formel-1- und MotoGP-Kurs von Estoril ist der optimale Ort, um schon im Winter die Modelle der neuen Motorrad-Saison zu testen.

Genau zehn Jahre nach Eintritt in den Super-Sport steht die dritte komplett neu entwickelte Auflage der Doppel-R auf der Matte. Und bei dieser ist bis auf ein paar Schrauben wirklich alles überarbeitet worden. Das aktuelle Modell unterscheidet sich schon optisch deutlich vom Vorgänger. Die Neue schaut aus zwei gleichförmigen Voll-LED-Scheinwerfen, die vom LED-Tagfahrlicht in BMW-Nieren-Form untermalt werden. Neben der gefälligeren Front sieht auch das Cockpit viel moderner aus. Es besteht nun aus einem riesigen 6,5-Zoll-TFT-Display. Die Blinker sind von der Seite in die Spiegel gewandert. Dort sind sie nicht nur besser zu sehen, sondern auch leichter für den Rennstreckeneinsatz zu demontieren. Zudem zerstören sie beim Umfallen nicht gleich die Seitenverkleidung des Motorrads – ich spreche hier aus persönlicher Erfahrung. Am Heck erinnert nur noch ein Dreizack an die Decepticons-Rücklichter der alten Doppel-R. Brems- und Rücklicht sind in die Blinker gewandert und verleihen der Neuen eine ganz eigene Licht-Silhouette.

Trotz der ganzen technischen Neuheiten – im Vordergrund der Neuen steht etwas ganz anders: die Fahrbarkeit. Bis dato das Revier der Honda Fireblade, die mit weniger Leistung, aber sehr gutem Handling Punkte sammeln konnte. Um dieses „Feature“ zu testen, hilft keine trockene Theorie, das geht nur in der Praxis. Also ab auf die Piste! Um mir die Sache etwas kompliziert zu machen, hatte die Fluggesellschaft mal eben meine Tasche verlegt. So saß ich nicht nur auf dem neuesten Motorrad, sondern war auch noch komplett neu eingekleidet. Neue Stiefel, Handschuhe, Helm und eine RR-Kombi, alles von BMW und noch etwas steif. Getarnt als BMW-Werksfahrer ging es dann los auf die 4,3 Kilometer lange Strecke. Diesmal gab es jedoch keine Sonderbehandlung für die „Lifestyle-Blogger“ wie noch beim Test der HP4 Race. Vor mir fuhr Jürgen Fuchs, BMW-Werksfahrer und Ex-MotoGP-Fahrer, hinter mir der „Isle of Man“-Veteran Horst von Saurma und der Ex-Superbike-Fahrer Steve Martin. Ich fühlte mich schon etwas unter Druck gesetzt. Doch schon in der zweiten Rechtskurve vergaß ich meine Bedenken und war voll bei der Sache. Das Knie schliff über den Asphalt mit Jürgens Heck einen Meter vor mir, als wäre ich nie ein anderes Motorrad gefahren.

Die ersten Runden ließ Onkel Jürgen uns aber noch nicht so richtig von der Leine, wir waren schließlich noch mit Straßen-Reifen unterwegs, also ohne Reifenwärmer. Was man jedoch selbst bei gemäßigtem Tempo schon merkte, war der lineare Drehmomentenverlauf des komplett neuen Motors. Butterweich und ohne ein Rucken oder Zucken beschleunigt die Neue aus den Kurven. So in etwa stelle ich mir ein Elektro-Bike vor. Erreicht wird dieser Effekt unter anderem durch eine neue Nockenwellen-Konstruktion, genannt ShiftCamö. Pro Ventil liegen zwei unterschiedliche Nocken auf der Nockenwelle. Durch Verschieben von rechts nach links und zurück ist dann entweder die eine oder die andere aktiv. Bis 9000 U/min sind die auf Drehmoment optimierten Nocken am Drücker. Das fühlt sich dann etwa so an wie bei der S 1000 R. Ab 9000 U/min greifen dann die auf Leistung optimierten Nocken ins Geschehen ein. Und der Fahrer? Der merkt davon rein gar nichts.

Nach dem entspannten Einführungsturn mit Instruktor Fuchs konnten wir in der zweiten Runde endlich mal richtig am Kabel ziehen und die ganzen 207 PS rauslassen. Ja, richtig gelesen, die Neue hat noch mal 8 PS mehr als der Vorgänger. Und laut Claudio De Martino, Chef-Ingenieur der Doppel-R, sind das wieder typische BMW-PS. Das bedeutet, jedes Motorrad hat mindestens 207 PS, oder sogar mehr. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Bei anderen Marken habe ich das Gefühl, dass hier gerne mal theoretische Maximalwerte angegeben werden. Als Fahrer bekommt man von der enormen Leistung jedoch gar nicht so viel mit, außer dass die gelbe LED der Traktionskontrolle beim Beschleunigen aus den Kurven regelmäßig blinkt. Die neue Elektronik mit der 6-Achsen-Sensoreinheit arbeitet fantastisch unauffällig. Im Vergleich mit anderen 1000ern fährt sich die Doppel-R superweich, aber ist sie deswegen weichgespült? Ich denke nicht, denn am Ende zählt die Rundenzeit und die dürfte so deutlich kürzer sein. Am Ende des zweiten freien Turns wurde ich daran erinnert, dass ich noch mit Straßenreifen unterwegs war, und diese waren langsam an ihrem Limit. Beim Anbremsen aus schnellen Geraden wurde es etwas schwammig, Zeit für die Mittagspause.

Am Nachmittag ging es dann mit Slicks (profilosen Reifen), die auf 80 Grad vorgewärmt waren waren, auf die Strecke. Die Slicks waren auf den neuen BMW-Carbon-Felgen montiert. Die Felgen sind im M-Paket enthalten, dass es für 3.500 Euro gibt. Außerdem sind in dem Paket weitere Fahrprogramme, die dreifarbige M-Motorsport-Lackierung, eine leichtere Batterie, eine Heckhöherlegung und der M-Sportsitz enthalten. Das spart noch mal 3,5 Kilogramm Gewicht, damit ist die Neue dann satte 14,5 Kilogramm leichter als die Vorgängerin.

Inzwischen war auch meine Reisetasche mit meiner eigenen Renn-Lederkombi angekommen, nun konnte es also richtig losgehen. Der M-Sportsitz fühlte sich trotz eigener Kombi immer noch sehr hart an. Das ist gut, denn dadurch ist das Popometer quasi direkt mit dem Hinterrad verbunden, und man hat ein sehr gutes Gefühl für die Straße. Trotzdem wurde ich ab und an von einem BMW-Mitarbeiter überholt. Matthias Kottmann alias Kotti ist der Designer der neuen Doppel-R und fuhr recht zügig. Nach dem Turn meinte er zu mir, dass ich wohl sonst ohne Traktionskontrolle auf der Rennstrecke unterwegs bin. Das stimmt, meine Honda von 2005 hat nicht mal ABS. Ich musste meinen Schweinehund überwinden, um schneller zu werden.

Nach zwei weiteren Turns war der Spaß dann vorbei. Ich fühlte mich immer noch topfit und hätte noch weiterfahren können. Damit kann ich zumindest die Aussage der BMW-Experten bestätigen, dass sich die neue Doppel-R viel entspannter fährt als die Vorgängerin. Bei der HP4 Race musste ich sogar einen Turn wegen Erschöpfung ausfallen lassen.

Bei der ganzen Raserei auf der Rennstrecke könnte man fast vergessen, dass die Doppel-R eine Straßenzulassung hat. Und auch für diesen Anwendungsbereich hat sich Einiges verbessert. Die neuen Voll-LED-Scheinwerfer geben mehr und besseres Licht ab als die alten gelben H7-Glühlämpchen. Mein persönliches Highlight als Fahrer der alten Doppel-R ist das neue TFT-Display. Selbst bei voller Sonneneinstrahlung, wie wir sie in Estroil hatten, ist es immer super ablesbar und die Bedienung ist so viel einfacher und besser als vorher. Bei der Alten brauchte man schon zum Stellen der Uhr die Bedienungsanleitung, daher fahre ich meist die ganze Saison mit falscher Uhrzeit durch die Gegend. Jetzt kann man alles über einen Drehregler am Lenker in einem selbsterklärenden und optisch schick aufbereiteten Menü einstellen. Man kann das Moped jetzt auch direkt mit seinem Smartphone verbinden und über eine Freisprecheinrichtung telefonieren, und sogar Navigation über eine einfache Pfeildarstellung ist möglich. Das optimale Reise-Moped für den nächsten Alpenurlaub! Aber auch auf der Rennstrecke hilft das große Display. Man kann sämtliche Parameter wie Gasannahme, Motorbremse, Traktionskontrolle, ABS und Dämpferreglung detailliert einstellen. Das erinnert mehr an die Formel 1 als an ein Straßenmotorrad.

Mir gefällt die neue Doppel-R wirklich sehr gut. Alles, was mich an der Alten störte, ist beseitigt bzw. verbessert. Der einzige Nachteil für mich persönlich – ich habe jetzt schon nach drei Jahren ein altes Motorrad :( Zu kaufen gibt’s das gute Stück ab Juni 2019, preislich geht es bei etwa 18.000 Euro los. Es wird wieder verschiedene Technikpakete geben. Das M-Paket für 3.500 Euro ist meiner Meinung nach ein Muss. Allein die Carbon-Felgen kosten sonst schon das Doppelte.

Vielen Dank an BMW für diesen exklusiven Event und viel Erfolg mit der neuen S 1000 RR!
Fotos Copyright by BMW & KlonBlog.com // Martin Fischer
ANZEIGE: Dieser Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung durch BMW Motorrad.