Martin Fischer
Softwareentwicklung

Klonblog on Tour: Porsche 718 Boxter

Einmal Venedig und zurück, Teil 2

Der neue Porsche 718 Boxster in Venedig
Der neue Porsche 718 Boxster in Venedig
von Dipl.-Inform. Martin Fischer am 08.08.2016

Vor wenigen Wochen hatten wir euch mit auf unseren Trip nach Venedig genommen. Der Langstreckentest mit dem Porsche 718 Boxster war dort allerdings noch nicht vorbei. Im zweiten Teil ging es von Treviso, nahe Venedig, weiter durch Italien. Am Morgen war dann auch endlich richtiges Cabrio-Wetter: blauer Himmel soweit das Auge reichte und über 30 Grad. Als Tagesziel wählte ich die Stadt Albenga – direkt am Mittelmeer zwischen Nizza und Genua. Nun fährt man mit einem Porsche Cabrio ungern Autobahn und erst recht nicht die italienische Variante mit Tempolimit 130 und nervigen Mautstationen. Daher suchte ich mir eine Route, die noch mal einen Abstecher in die Berge machte. Hier fiel mir dann der Col di Castion ein. Diesen war ich zwei Wochen zuvor schon mit dem Motorrad gefahren. Ein wahrer Traum von einem Pass. Genau das, was ich brauchte – enge Kurven, glatter neuer Asphalt und ganz wichtig: wenig Verkehr. Wobei ich zugegeben muss, dass es auch viel Spaß gemacht hat, mit dem kleinen Boxster die anderen Autos zu überholen.

Technik darf auch in einem Sportwagen nicht fehlen

Nun war auch Zeit sich mehr mit den technischen Features unseres Testwagens auseinander zu setzen. Dieser war zum Beispiel mit dem PTV (Porsche Torque Vectoring), auch als Sportdifferenzial bekannt, ausgestattet. Dieses System kommt quasi direkt aus dem Rennsport und sorgt dafür, dass der Drehmoment optimal auf die beiden angetrieben Hinterräder verteilt wird. Torque Vectoring soll die Traktion vor allem beim Beschleunigen aus engen Kurven verbessern und der Pass hat unendliche viele enge Kurven, soviel wusste ich vorher schon. Bei Fahrzeugen ohne Vectoring würde die Kraft nur an das äußere Rad geleitet. Das PTV kann die Kraft auf beide Räder verteilen, so dass immer die maximal Traktion anliegt. Und tatsächlich hat man das Gefühl, dass der Wagen geradezu optimal aus den engen Kurven heraus beschleunigt. Ich hatte nie das Gefühl, dass der Wagen auszubrechen droht oder ich die Kontrolle verliere, trotz quietschender Reifen. Voraussetzung war jedoch der richtige Gang! In den Spitzkehren muss man eigentlich immer den ersten Gang nehmen, im zweiten Gang hat man schon einen relativ langen Moment, in dem nichts passiert, ehe die Turbopower einsetzt. Aber ok, dass ist Meckern auf hohem Niveau!

Das Problem mit den Tankstellen in Italien

Von dort ging es dann weiter auf der Autobahn. Das war leider unvermeidlich Laut PCM hätte der Weg über Landstraßen etwa 10 Stunden gedauert. Also ab auf die Autobahn. Tempostat, so heißt der Tempomat bei Porsche, eingeschaltet und rund 400 km geradeaus. Naja fast, die Bergpässe hatten meinem Treibstoffvorrat schon arg zugesetzt. Bei meiner Fahrweise flossen etwa 10l / 100 km durch die Kraftstoffleitungen. Die Werksangabe von Porsche lautet 6.9l auf 100km für das PDK und 7.4l für das Schaltgetriebe. Und so ein Porsche trinkt natürlich nicht irgendein billiges Wasser vom Aldi. Nein er möchte Super Plus, also mindestens 98 Oktan. Leider ist das in Italien nicht an jeder Tankstelle zu bekommen, meist war bei 95 Oktanen Schluss. Was machen die Italiener mit Ihren Ferraris? Als die Reichweite dann nur noch bei 30 km lag, kam eine freie Tankstelle, dort gab es Super Plus mit 100 Oktan und für satte 1,99 Euro! Normales Super kostet etwa 1,50 € pro Liter. Das war das erste Mal, dass ich nicht volltankte. Aber normalerweise kann man den Preisunterschied zwischen Super und Super Plus vernachlässigen, also kein echtes Manko. Apropos Tempomat – der funktioniert genau wie mein Audi-Tempomat, nur dass der Schalter um 90 Grad nach vorn gedreht war. So war es jedes Mal eine Konzentrationsübung den Hebel in die richtige Richtung zu bewegen, um nicht den gespeicherten Wert zu löschen. Ich weiß nicht, was sich die Porsche-Ingenieure dabei gedacht haben.

Merke! Im Cabrio nur mit passender Kopfbedeckung

Nach etwa einer Stunde Fahrt bei stahlblauem Himmel merke ich, was ich vergessen hatte. Ich wollte mir vor meiner Abfahrt im Porsche Design Store in Ludwigsburg ein Basecap kaufen. Auf Grund sintflutartiger Regenfälle hatte ich diesen Plan verworfen und nun hatte ich das Desaster. Schweren Herzens musste ich das Verdeck zumachen und geschlossen weiter fahren. Zur Grundausstattung eines jeden Cabrio-Fahrers gehört also definitiv eine adäquate Kopfbedeckung! Mit geschlossenem Verdeckt wird der kleine Porsche zu einem echten Langstreckenläufer. Die Windgeräusche sind auf einem sehr angenehmen Niveau und vom Motor bekommt man eigentlich nichts mit. Im Normal-Modus schaltet das 7 Gang PDK bei unter 2000U/min in den nächsten Gang, so dass man bei ca. 60km/h schon im 7. ist. Porsche wendet hier einige Tricks an, damit trotz der niedrigen Drehzahl kein Ruckeln vom Motor an die Insassen durchdringt. Sogenannte virtuelle Gänge halten den Motor auf einer höheren Drehzahl, dabei wird über die Kupplung ein geringer Schlupf zu gelassen. Ob das der Lebensdauer der Kupplung entgegenkommt würde ich bezweifeln, aber bei Porsche ist man überzeugt, dass es keinen zusätzlichen Verschleiß mit sich bringt. Aber gut, für den Fall der Fälle gibt es bis zu 5 Jahre Neuwagengarantie und eine Anschlussgarantie (PAW) ist auch möglich.

Nach entspannten 4 Stunden cruisen auf der Autobahn war ich dann dem Tagesziel Albenga nahe. Eine kleine mittelalterliche Stadt zwischen Nizza und Genua direkt am Mittelmeer. Die letzten Meter der Autostrada ähnelten mehr einer kurvigen Landstraße, die über Brücken und durch Tunnel führte. Meinem Kopf ging es dann schon wieder besser, also rechts ran und Dach wieder auf. Und dann schön im 3. Gang durch die Tunnel, dabei immer kurz Gas geben und abtouren lassen. Das machte Spaß. Der Sportauspuff bollerte mit einem schönen tiefen Bass, so dass alle Verkehrsteilnehmer etwas davon hatten. Von der Autobahn ging es dann direkt in die Marina Alassio und die Gelegenheit mal Fotos von unserem schönen Flitzer zu machen.

Zurück geht es in die Heimat

Nach einem Ruhetag ging es ab nach Berlin, Richtung Heimat. Als Highlight musst der Große Sankt Bernhardt Pass herhalten. Meiner Meinung nach einer der schönsten Pässe der Alpen. Er beginnt im Aosta Tal mit schönen großen Serpentinen, teilweise 3-spurig, die sich dann Schritt für Schritt verengen – bis auf einer Höhe von 2460m. Noch mal eine Chance, die Fahreigenschaften des Boxsters zu überprüfen. Porsche hat bei der Neuentwicklung des Fahrwerks hohen Aufwand betrieben – die Hinterachse wurde verstärkt, eine neue Querstrebe in den hinteren Hilfsrahmen integriert und die Stoßdämpfer vergrößert, so dass die Steifigkeit des Fahrwerks deutlich erhöht werden konnte. Die Bremsen wurden vergrößert, der Boxster hat jetzt die Bremsen des alten Boxster S hat und der S die Bremsen des 911er. Zum Thema verbesserte Steifigkeit kann ich leider aus Mangel an Vergleichsmöglichkeiten nicht viel sagen, aber so viel ist sicher, der Porsche liegt wirklich super auf der Straße. Besser als mancher Supersportwagen mit großen V8 Motor auf der Vorderachse.

Am vorletzten Tag der Reise hatte ich endlich Zeit die Presseinformationen zum neuen Boxster zu lesen. Dort fand ich auch eine Bestätigung meiner „Empfindungen“, dass der Turbo Motor nur richtig in die Gänge kommt, wenn man den Motor bei Drehzahl hält. Das von Porsche angepriesen Saugmotor ähnliche Ansprechverhalten erreicht man nur bei sportlicher Fahrweise. Dieses wird durch eine Art „Vorspannung“ des Turboladers erreicht. Dazu bleibt die Drosselklappe leicht geöffnet und ein Bypassventil wird geschlossen, so dass der Druck nicht komplett abfallen kann. Gibt man dann wieder Gas, geht es sofort wieder mit maximaler Leistung Richtung Gipfel oder am nächsten PKW vorbei. Überholen geht so wirklich super einfach. Der einzige Punkt, den ich hier bemängeln muss: die Position des Gaspedals ist nicht optimal, man rutscht nach und nach mit der Zehenspitze ans untere Ende, wodurch ein ungünstiger Winkel entsteht und man relativ viel Kraft aufwenden muss, um das Bodenblech zu erreichen. Das war auf die Dauer zumindest etwas nervig.

Nachdem der Sank Bernhardt überwunden war, ging es noch ein paar Kilometer durch die schöne Schweiz, vorbei an Martigny und Bern und dann ab auf die deutsche Autobahn. Nach nur 800km war ich wieder in Berlin und der Traum vorbei. Ich hatte viel Spaß mit dem kleinen Porsche und kann die bekannten Schimpfworte, „Frauen-Porsche“ oder „Porsche für Arme“ nicht wirklich nachvollziehen. Sicher ist der Boxster der kleinste Porsche, aber dafür auch der leichtestes und das ist im Endeffekt doch viel wichtiger. Was nützen 500PS oder Keramik-Bremsen, wenn sie 1.8 Tonnen ziehen bzw. verzögern müssen!? In diesem Sinne vielen Dank an Dr. Ing. h.c. F. Porsche!